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Chemische Reinigung feinblasiger Druckbelüftungselemente

In der KA Betriebsinfo 2/2004 wurden Methoden zur mechanischen Reinigung von Belüfte-
relementen besprochen. Diese Maßnahme erfordert eine Beckenentleerung. In vielen Fäl-
len ist eine Außerbetriebnahme von Becken nicht möglich.

Eine auf Abwasserreinigungsanlagen etablierte Methode, das Eindüsen von Ameisensäu-
re, ist in [1] und [2] ausführlich dargestellt. Die Methode wird vorzugsweise bei säurelösli-
chen Ablagerungen eingesetzt. Wichtig für die Wirkung ist, dass die Säure mit dem Luft-
strom zu den Verstopfungen transportiert wird. Sind die Belüfter weitgehend verstopft,
strömt keine Luft mehr durch die Poren und es tritt keine Verbesserung ein. Die Säureein-
düsung wird daher schon bei geringen Druckanstiegen und auch als vorbeugende Maß-
nahme eingesetzt.

Der folgende Beitrag beschreibt Erfahrungen mit einem Verfahren, das es ermöglicht eine
Reinigung von stark verstopften Belüfterelementen auch ohne Beckenleerung bzw. Be-
triebsunterbrechung durchzuführen. Es konnten säurelösliche aber auch nicht säurelösli-
che Verstopfungen entfernt werden.

Methodik
Zur Reinigung der Belüfterelemente wird das Rohrleitungssystem an der Beckensohle mit
einer auf die Ablagerungen abgestimmten Reinigungslösung gefüllt. Die Befüllung der Be-
lüfterfelder erfolgt zeitlich hintereinander, so dass der Abwasserreinigungsprozess mög-
lichst wenig beeinträchtigt wird.

Die Reinigungslösung besteht in der Regel aus zwei Komponenten die in getrennten Be-
hältern vorgelegt werden. Die Flüssigkeiten werden gleichzeitig über die Luftleitung in die
Verrohrung am Beckenboden gepumpt. Anschließend wird mit der Druckluft die Reini-
gungslösung durch die Poren der Belüftermembranen gedrückt. Dieser Vorgang wird
mehrmals wiederholt um eine ausreichende Einwirkzeit zu erzielen. Nach entsprechender
Aufenthaltszeit muss die Reinigungslösung aus dem Rohrsystem entfernt werden. Dies
kann durch ,,Ausblasen“ oder Abpumpen über die Entwässerungsleitungen erfolgen. An-
schließend ist das Rohrsystem mit Wasser zu spülen und wieder zu entleeren.

Die Reinigungslösung löst nicht nur Bestandteile der Ablagerungen auf, sondern unter-
wandert diese auch und sprengt Teile ab. Diese Wirkung wird durch Tenside und eine
gasbildende Komponente der Reinigungslösung erreicht. Auch eingedrungene Biomasse
(Schlamm) wird von der Reinigungslösung ab- und aufgelöst und kann so aus den Belüf-
tern und Rohrleitungen entfernt werden. Die Auswahl der Reinigungschemikalien erfolgt
so, dass keine negativen Auswirkungen auf den Reinigungsprozess und/oder die Ablauf-
qualität auftreten.
Es kommen die gleichen Grundstoffe, wie sie auch zur Reinigung von
Anlagen in der Lebensmittelindustrie und Getränkeherstellung verwendet werden, zum
Einsatz. Eine genaue Beschreibung des Verfahrens findet man in [3] und [4].

An Installationen sind mindestens ½“ besser 1″ Stutzen mit Kugelhähnen am Luftleitungs-
system erforderlich. Die günstigste Position der Befüllöffnungen ist in den Fallrohren zu
den einzelnen Belüfterfeldern. In vielen Fällen sind keine oder nur geringe zusätzliche In-
stallationen am Belüftungssystem erforderlich. Die Methode nutzt die bestehenden Anla-
genteile wie die Fallleitungen, die Entwässerungsleitungen und die Gebläse.

Anwendungsbeispiele
Die Reinigung von Belüfterelementen wurde bis zum Frühjahr 2004 auf fünf Kläranlagen
mit Ausbaugrößen zwischen 11.000 EW bis 4,0 Mio EW eingesetzt. Im Folgenden wird
über Erfahrungen und Ergebnisse auf zwei ausgewählten Anlagen berichtet. In der folgen-
den Tabelle 1 sind einige Anlagendaten zusammengestellt.

Tabelle 1: Anlagenbeschreibungen Chemische Reinigung

  Anlagen-
größe [EW] 
Becken-
volumen [m³] 
Belüftertype;
Material 
Anzahl
Belüfter 
Belüfter-
fläche [m²] 
Industrie-
anteil 
Anlage 1  4.000.000  12 x 28.000  Teller EPDM  22.000  1.500  mittel 
Anlage 2  11.000  2 x 1.400  Teller EPDM 420  30  mittel

Fallbeispiel Anlage 1
Auf der Anlage 1 war nach ca. einem Jahr Betrieb ein unregelmäßiges Blasenbild aufge-
treten. Man konnte deutlich erkennen, dass an vielen Stellen große Luftmengen ausgetre-
ten sind. Bei einer Beckenleerung hat man festgestellt, dass viele Belüftermembranen aus
den Halteringen geschlüpft waren. Nach Behebung der mechanischen Schäden wurde
eine Reinigung der Belüfterelemente bei entleertem Becken durchgeführt.
Die Abbildung 1 zeigt das Ausströmen der Reinigungsflüssigkeit aus den Belüftern. Zur
Überprüfung der Reinigungswirkung wurden Membranen entnommen und mit einer Elekt-
ronenstrahlmikrosonde untersucht.

Abbildung 1: Ausströmen der Reinigungsflüssigkeit
Bild Chem-Reinigung-1.jpg

In Abbildung 2 ist eine ungereinigte Pore zu sehen, man erkennt die verstopfenden Abla-
gerungen aus anorganischem Material (vor allem Silizium / Kieselsäure). Abbildung 3 zeigt
eine Pore nach einer sauren Reinigung mit 1 molarer Salzsäure. Hier ist eindeutig eine
Verbesserung zu erkennen, aber es sind auch noch deutlich säureunlösliche Reste der
verstopfenden Ablagerungen zu sehen. Die letzte Abbildung 4 zeigt eine Pore nach Reini-
gung mit der alkalischen und oxidierenden Zweikomponenten-Reinigungslösung. Die Pore
ist praktisch frei von verstopfenden Ablagerungen und der Druckverlust entspricht demje-
nigen einer unbenutzten Membran.

Abbildung 2: Ungereinigte Membranpore
Bild Chem-Reinigung-2.jpg

Abbildung 3: Sauer gereinigte Membranpore
Bild Chem-Reinigung-3.jpg

Abbildung 4: Alkalisch gereinigte Membranpore
Bild Chem-Reinigung-4.jpg

Zur Feststellung des Reinigungsergebnisses wurde der Druck vor und nach der Reinigung
gemessen. Um reproduzierbare Ergebnisse zu erhalten, ist es erforderlich einen bekannten Luftvolumenstrom durch die Belüfterfelder zu leiten. Im vorliegenden Anwendungsfall musste eine Messstrecke für die Luftvolumenstrommessung in die Rohrleitung eingebaut
werden. In Abbildung 5 ist die Einbausituation dargestellt.

Abbildung 5: ,,Mobile“ Luftvolumenstrommessung
Bild Chem-Reinigung-5.jpg

Durch das Fluten mit Reinigungslösung konnte bei einer Luftbeaufschlagung von ca.
7 m³/(Belüfter h) durchschnittlich eine Reduktion des Druckes von 2.0 – 2.5 kPa erreicht
werden. Nachdem nun die Wirksamkeit der Methode nachgewiesen war, wurden, im Rahmen der Anlagenwartung, die Belüfter der in Betrieb befindlichen Becken ohne Entleerung gereinigt. Nach bisherigen Erfahrungen ist ein Reinigungsintervall von ca. 1,5 Jahren ausreichend. 

Fallbeispiel Anlage 2
Auf der Kläranlage 2 war der Druckverlust der Belüfterelemente in 2 Jahren um ca. 4 kPa
angestiegen. Die installierte Ameisensäuredosierung, zur Reduktion des Druckanstieges,
brachte zu Beginn eine geringfügige Verbesserung, zeigte aber nach einigen Monaten
praktisch keine Wirkung mehr.

An den Membranen wurden optische und nasschemische Untersuchungen ausgeführt,
außerdem wurde die Membran einer Elektronenstrahl-Mikrosondenuntersuchung unterzo-
gen. Die Ergebnisse bestätigten die Beobachtung, dass die Ablagerungen nur in sehr ge-
ringem Umfang von Säure angegriffen wurden. Mit Natronlauge konnte eine sehr gute
Ablösung der Verstopfungen und Reinigung der Poren erreicht werden.

Aufgrund dieser Ergebnisse hat sich der Betreiber dazu entschlossen, zu prüfen, ob die
chemische Reinigung wirksam und praktikabel ist und in regelmäßigen Abständen durch-
geführt werden soll. Die Reinigung wurde im Vollbetrieb der Kläranlage durchgeführt, es
wurde lediglich kurzzeitig die Luftversorgung je eines Feldes unterbrochen.

Die Belüfter sind je Becken in 10 Felder unterteilt. Das Rohrleitungsvolumen am Becken-
boden hatte ein Volumen von ca. 1000 Liter. Das Fluten mit Reinigungslösung, war durch
die große Feldzahl entsprechend arbeitsintensiv und zeitaufwändig.

Die Reinigungslösungen wurden in zwei Containern mit je 960 Liter Fassungsvermögen
angemischt. Es wurden je Komponente 800 Liter Lösung angesetzt. In den Container 1
wurden ca. 400 Liter Brauchwasser vorgelegt und danach die Reinigungschemikalien, im
wesentlichen Kaliumhydroxidlösung, zugegeben. Abschließend wurde das Volumen auf
800 Liter mit Wasser ergänzt. In den Container 2 wurden ebenfalls 400 Liter Wasser vor-
gelegt, danach 100 Liter 30%-iges Wasserstoffperoxid zugegeben und mit Brauchwasser
ebenfalls auf 800 Liter Gesamtvolumen ergänzt. Es hat sich bewährt das 1,5 – 2,0 fache
des Rohrleitungsvolumens an Reinigungslösung einzusetzen. Wichtig ist eine gute Mi-
schung der Chemikalien in den Behältern. Zur Kontrolle, ob die Komponenten in den Con-
tainern gut gemischt waren, wurden Analysen und Leitfähigkeitsmessungen durchgeführt.

Die erforderlichen Behälter, Pumpen und verbindenden Rohrleitungen samt elektrischem
Schaltschrank waren in einem Anhänger untergebracht. Die Beschickung und Entleerung
der Container erfolgte mit den eingebauten Exzenterschneckenpumpen. In Abbildung 6 ist
der Anhänger mit Einbauten zu sehen.

Abbildung 6: Aufbau der mobilen Reinigungsanlage
Bild Chem-Reinigung-6.jpg

Die Reinigungslösungen wurden in getrennten Schläuchen bis kurz vor die Einleitestelle
gefördert und dort in einem T-Stück gemischt. Die Einleitung in die Fallleitung ist in Abbil-
dung 7 zu sehen. Es wurden beide Pumpen gleichzeitig in Betrieb genommen und darauf geachtet, dass die Zugabe möglichst gleichmäßig erfolgte. Die Luftklappen in den Fallroh-
ren waren geschlossen, um ein Abfließen der Reinigungslösung in die Hauptluftleitung zu
verhindern.

Abbildung 7: Anschlussstutzen zur Einbringung der Reinigungslösung
Bild Chem-Reinigung-7.jpg

Nach der Befüllung des Feldes wurde in Abständen die Luftzufuhr geöffnet und wieder
geschlossen, um die Reinigungslösung in und durch die Membranporen zu drücken. Nach
ca. 15 Minuten wurden ca. 20 % des Rohrvolumens nachgepumpt. Der Vorgang wurde
noch zweimal wiederholt. Hier ist es wichtig, dass kein Überströmen der Reinigungslösun-
gen von Container 1 nach 2 bzw. umgekehrt erfolgt. Dazu waren Rückschlagarmaturen in
die Schlauchleitungen eingebaut.

In Abbildung 8 ist der zeitliche Ablauf der Befüllung mit Reinigungslösung, der Einwirkzei-
ten und der Luftbeaufschlagung dargestellt.

Abbildung 8: Zeitliche Abfolge eines Reinigungsvorganges
Bild Chem-Reinigung-8.jpg

Nach mehr als einer Stunde Einwirkzeit wurde mit der Entleerung der Feldverrohrung über
die Entwässerungsleitung begonnen. Zuletzt wurde das Rohrleitungssystem mit 1600 Liter
Wasser nachgewaschen. Dem Wasser wurden 30 Liter 80% ige Essigsäure zugesetzt, um
Kalkausfällungen zu verhindern.

Durch das Fluten mit Reinigungslösung konnte bei einer Luftbeaufschlagung von ca.
5 m³/(Belüfter h) eine Reduktion des Druckes um 2,6 kPa erreicht werden. Der Druckan-
stieg erfolgt auf der Anlage 2 vergleichsweise langsam. Die Wartung der Belüftungsele-
mente, durch chemische Reinigung, in einem Zeitraum von zwei Jahren ist für den Betrei-
ber eine praktikable und günstige Lösung. 

Hinweise zum Einsatz der Methode
Das Befüllen der Luftleitungen mit Reinigungslösung bietet sich speziell bei großen Anla-
gen oder bei Anlagen, wo eine Entleerung nicht möglich ist an. Die Kosten für die erforder-
lichen Behälter, Pumpen und verbindenden Leitungen sind in der Regel nicht hoch und als
einmalige Investition zu betrachten. Alternativ besteht auch die Möglichkeit eine mobile
Reinigungseinheit zu mieten.

Die Kosten für die Reinigungslösung(en) sind abhängig von den erforderlichen Chemika-
lien (abhängig von der Art der Ablagerungen) und dem zu befüllenden Rohrleitungsvolu-
men. Als Richtwert kann mit 400,– je Kubikmeter Reinigungslösung gerechnet werden.
Vor dem ersten Einsatz sind chemische und mikroskopische Voruntersuchungen zur Fest-
legung der Rezeptur der Reinigungslösung erforderlich bzw. in Hinblick auf eine Minimie-
rung des Chemikalieneinsatzes sinnvoll. Dazu werden mindestens zwei Belüfterelemente
aus dem Becken benötigt (Tauchereinsatz).

Je nach Geschwindigkeit des Anstieges des Druckverlustes muss entschieden werden, ob
eine Reinigung wirtschaftlich und betrieblich sinnvoll ist und in den Wartungsplan über-
nommen werden kann. Erfolgt die Bildung der verstopfenden Ablagerungen rasch, d.h. die
Zeitspanne zwischen zwei Reinigungen ist kurz (wenige Monate), so ist langfristig nach
anderen Möglichkeiten zur Begrenzung des Druckanstieges zu suchen.

Literatur

[1]  U. Bretscher, W.H. Hager: Die Reinigung von Abwasserbelüftern, gwf 124,
1983, Heft 6 
[2] Deutsches Patent: Verfahren zur Beseitigung bzw. Verhinderung von
Verstopfungen in Tiefenbelüftern bei der Wasseraufbereitung und Abwasserreinigung
unter Betriebsbedingungen, DE 33 33 602 A1, 1983 
[3] W. Frey, C. Thonhauser: Betriebsprobleme mit Druckbelüftungssystemen;
Wiener Mitteilungen Band 183; 2003 
[4] Österreichisches Patent: Reinigungsverfahren und Reinigungsflüssigkeit für
Belüfterkörper, Nr.: 411.359, 2003 

Dipl.-Ing. Dr. Wilhelm Frey
Ingenieurkonsulent für Maschinenbau
Abwassertechnische Ausbildung und Beratung
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