Dienstag, März 19, 2024
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Mechanische Reinigung feinblasiger Druckbelüftungselemente

Eine Umfrage im Rahmen der ÖWAV-Kläranlagennachbarschaften im Jahr 2003 hat ergeben, dass von 321 Anlagen mit Druckbelüftungssystemen 117 Anlagen (100%) den Druck messen und notieren. Von diesen 117 Anlagenbetreibern geben 40 (34 %) an Probleme mit steigendem Druck zu haben. Führt man eine Druckberechnung mit den Einblastiefen und auf Basis von Erfahrungswerten durch, zeigt sich, dass bei mindestens 63 Anlagen (54%) erhöhte Druckverluste vorliegen. Details sind in [1] enthalten.

Die Tatsache, dass feinblasige Belüfter aus ,,starrporösem“ Material während der Einsatzdauer einen steigenden Druckverlust aufweisen ist seit langem bekannt [2], [3]. Wie Beobachtungen in den letzten Jahren gezeigt haben, treten auch bei Belüftern aus Elastomeren, zum Teil nach kurzer Betriebszeit (wenige Wochen), deutlich erhöhte Druckverluste auf.

Allgemeine Hinweise für die Messung des Druckverlustes
Auf jeder Anlage mit einem Druckbelüftungssystem sollte zumindest ein mobiles Druckmessgerät (mit einer Auflösung von mindestens 0,1 kPa = 1 hPa = 1 mbar) zur Überprüfung der Druckverhältnisse zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme und der laufenden Kontrolle der Drücke vorhanden sein. Damit kann die zeitliche Entwicklung des Druckverlustes der Belüfter dokumentiert werden. Diese Daten sind, wenn es Probleme mit steigenden Druckverlusten gibt, für die Beurteilung der Situation und Entscheidungsfindung
für die weitere Vorgangsweise von entscheidender Bedeutung.

Für die Druckmessungen sind im Rohrleitungssystem (bevorzugt an jedem Belüfterfeld) Anschlussstutzen (z.B. ½“) vorzusehen.

Hinweis: Die Druckmessungen sind nur aussagefähig, wenn ein definierter Luftvolumenstrom (z.B. ein Gebläse volle Drehzahl) eingestellt und die Einblastiefe (1mWS entspricht ca. 98 mbar) im Belebungsbecken, ohne Luftbeaufschlagung, gemessen und notiert wurde!

Ursachen für steigenden Druckverlust

Veränderungen des Membranmaterials: Es ist bekannt, dass nach einigen Jahren Betrieb ein Verlust von Inhaltsstoffen (z. B. Weichmacher) und damit Veränderungen der Materialeigenschaften (z.B. Zugfestigkeit, Reißdehnung, IRHD, etc.) auftreten können.

Mikroorganismen – EPS (Extrazelluläre Polymere Substanz): Es wird auch die Theorie verfolgt, dass durch bestimmte Mangelerscheinungen (Sauerstoff, Nährstoffe, ….) vermehrt sogenannter ,,Zwischenraumschleim“ – EPS gebildet wird, der in der Folge die Poren verklebt [4].

Bildung von verstopfenden Ablagerungen in den Poren:
Durch die Verschiebung der des Kalk­Kohlensäure­Gleichgewichts im Bereich der Poren kann die Abscheidung von Kalk auftreten. Neueste Versuchsergebnisse zeigen, dass in den Poren häufig auch Phosphor und Silizium gefunden wird. Es gibt Hinweise, dass für die Bildung dieser mineralischen, nicht kalkhältigen, Verbindungen neben dem Löslichkeitsprodukt der Stoffe auch das Vorhandensein von Abwasserinhaltsstoffen (z.B. Ammonium, Nitrat, Aluminium, Eisen, …) aber auch das Auftreten von elektrischen Ladungen von Bedeutung sind. Hervor- zuheben ist in diesem Zusammenhang auch der Einfluss der Luftfeuchte in den Luftleitungen, speziell beim Austritt aus der Pore. Je trockener die Luft ist, umso stärker werden Abwasserinhaltsstoffe aufkonzentriert und desto eher kommt es zu Ausfällungen. Außerdem treten in Luftströmungen unter ca. 60% relativer Feuchte statische Aufladungen auf, die wiederum die Bildung von verstopfenden Ablagerungen beeinflussen. Details dazu findet man in [5] und [6].

Eine detaillierte Betrachtung der möglichen Ursachen für ansteigende Druckverluste bei
feinblasigen Druckbelüftungssystemen ist z.B. in [7] und [8] zu finden.

Reinigungsmethoden
Grundsätzlich ist zwischen Reinigungsmethoden bei denen das Belebungsbecken außer Betrieb genommen werden muss, und jenen, wo der Anlagenbetrieb aufrechterhalten werden kann, zu unterscheiden. Die Verfahren mit entleertem Becken können weiter aufgetrennt werden in solche, wo die Belüfter ausgebaut werden und solche, wo die Belüfter nicht ausgebaut werden müssen. Häufig angewendete Methoden sind :

•  Säuredosierung (z.B. für Kalkausfällungen).
Dehnung des Membranmaterials.
Mechanische Reinigung
Befüllen der Rohrleitungen und Belüfterelemente mit Reinigungsflüssigkeit

Weiter Informationen über unterschiedliche Reinigungsmethoden findet man in [2] und [9].

Anwendungsbeispiele
Die mechanische Reinigung ist als Wartungsmaßnahme zu sehen. Je nach Geschwindigkeit des Anstieges des Druckverlustes muss entschieden werden, ob eine Reinigung als einzige Maßnahme sinnvoll ist oder nicht. Ist die Zeitspanne zwischen zwei Reinigungen kurz (wenige Monate), so ist langfristig nach anderen Möglichkeiten zur Begrenzung des Druckanstieges zu suchen.

Im Folgenden wir über Erfahrungen und Ergebnisse mit der Reinigung mittels Hochdruckreinigungsgerät berichtet.

In den beschriebenen Anwendungsfällen konnte durch die Reinigung der Druckverlust der Belüfterelemente deutlich reduziert werden. Im laufenden Betrieb wurde über sehr unterschiedliche Zeitspannen wieder ein Anstieg des Druckes beobachtet.

Mechanische Reinigung mit Dreckfräse
Vor der Reinigung muss das Becken bis zu den Belüftern entleert werden. Vorteilhaft ist, dass für die Reinigung die Belüfter nicht demontiert werden müssen. Wichtig ist, dass mit einer Dreckfräse (rotierender Wasserstrahl) gearbeitet wird. Bei leistungsstarken Hochdruckreinigungsgeräten empfiehlt es sich die Belüfterelemente gering mit Wasser überdeckt zu lassen (z.B. 10cm).

Die Methode kann für Platten und Tellerbelüfter mit nach oben gerichteter Abgasungsfläche eingesetzt werden. Bei Rohrbelüftern ist die Zugänglichkeit an der Unterseite schlecht und die Reinigung mit dem Hochdruckreiniger daher weniger empfehlenswert.

In der Vergangenheit wurden die Belüfterelemente häufig zerlegt und versucht die Membranen von beiden Seiten mit dem Hochdruckreinigungsgerät sauber zu machen. Der Effekt waren blanke Oberflächen, aber die verstopfenden Ablagerungen in den Poren wurden durch diese Vorgangsweise nicht entfernt. Lässt man die Belüfter montiert, beaufschlagt sie gering mit Luft (Falls mehrere Becken mit einem Gebläse beschickt werden, muss die Luft zum entleerten Becken eingedrosselt werden!) und behandelt die abgasenden Flächen mit dem rotierenden Wasserstrahl der Dreckfräse, werden die verstopfenden Ablagerungen aus den Poren herausgewaschen.

In der folgenden Tabelle 1 sind die Daten von Anlagen, auf denen die Methode eingesetzt wurde, zusammengestellt.

Tabelle 1: Anlagendaten – Mechanische Reinigung mit Dreckfräse

  Anlagen-
größe 
Becken-
volumen 
Einblas-
tiefe 
Belüftertype;
Material 
Anzahl
Belüfter 
Belüfter-
fläche 
Industrie-
anteil 
  [EW]  [m³]  [m]      [m²]   
Anlage 1  800.000  4 x 11.000
4 x 12.500
7,1  Platten
0,15 x 4,0 m
Polyurethan
2600  1500  hoch 
Anlage 2  30.000  2 x 1.400  3,8  Teller 300 mm
EPDM
420  30  mittel 
Anlage 3  30.000  2 x 1.300  4,2  Platten
1,0 x 3,6 m
Polyurethan
52  187  gering 

Fallbeispiel Anlage 1
Auf der Anlage 1 ist der Druckverlust innerhalb des ersten Betriebsjahres von ca. 7,0 kPa
auf 14,0 kPa angewachsen. Durch den hohen Druckverlust der Membranen kamen die
Turboverdichter an die Leistungsgrenze (Pumpbetrieb) und die erforderliche Sauerstoffversorgung konnte nicht sichergestellt werden. Um die Anlage betreiben zu können musste daher rasch gehandelt werden. Man entschloss sich die Becken nacheinander zu entleeren und die Belüfter mechanisch, mittels Schmutzfräse, zu reinigen.

Die Entleerung erfolgte bis ca. 10 cm oberhalb der Belüfter. Die Belüfter wurden während
der Reinigung gering mit Luft beaufschlagt. Nun wurde die abgasende Oberfläche der Be-
lüfterplatten mehrmals mit einem rotierenden Hochdruckwasserstrahl (Dreckfräse) über-
strichen.

Bei einer mittleren Luftbeaufschlagung konnte der Druckverlust der Membran von 14.0
kPa vor der Reinigung auf 7.0 kPa nach der Reinigung gesenkt werden. Vom Hersteller
wurde für die gewählte Luftbeaufschlagung der Druckverlust für einen neuen Belüfter mit
ca. 6.5 kPa angegeben. Eine anschließend durchgeführte mikroskopische Untersuchung
an der gereinigten Membran hat gezeigt, dass eine geringe Restverschmutzung verblie-
ben ist. Der Zeitaufwand für die Reinigung der Belüfterplatten eines Beckens (ca. 330
Stück), ohne Entleeren und Befüllen, betrug ca. 5 Tage. 

Fallbeispiel Anlage 2
Auf der Anlage 2 wurde versucht den Unterschied zwischen einer Reinigung mit und ohne
rotierendem Wasserstrahl zu zeigen. Dazu wurde an einem Tellerbelüfter eine Testreini-
gung im ausgebauten Zustand durchgeführt. Die Abbildung 1 zeigt den Druckverlust in
Abhängigkeit des Luftdurchsatzes vor der Reinigung, nach der Reinigung mit ,,normalem
Fächerstrahl“ und nach der zusätzlichen Reinigung mit rotierendem Wasserstrahl. Nach-
dem der Beweis der Wirksamkeit der Methode auch bei EPDM Tellerbelüftern erbracht
war, wurden alle Belüfter in beiden Becken mit rotierendem Wasserstrahl gereinigt. Der
Zeitaufwand für die Reinigung der Belüfterelemente beider Becken, mit Entleeren und Be-
füllen, betrug ca. 2 Tage.

Abbildung 1: Druckverlust einer Membran der Anlage 2 in Abhängigkeit des Luftdurchsatzes durch einen Belüfter
Bild Reinigung-1.jpg

Fallbeispiel Anlage 3
Die Belüfterelemente auf der Anlage 3 waren ca. 10 Jahre im Einsatz und in dieser Zeit 2
mal mit einem Hochdruckreinigungsgerät gereinigt worden. Im Zuge des anstehenden
Ausbaues der Kläranlage wurden die Belüfterplatten getestet. Dazu wurde eine Platte ent-
nommen und über einen externen Seitenkanalverdichter mit Luft versorgt. Der Luftvolu-
menstrom zur Platte wurde mit einem Schwebekörperdurchflussmesser ermittelt. Die Rei-
nigung erfolgte mittels Hochdruckreinigungsgerät mit Dreckfräse (siehe Abbildung 2). Da
mit der Platte noch weitere Untersuchungen angestellt wurden, wurde nur ca. 75% der
abgasenden Fläche gereinigt. Zur Dokumentation der Wirkung wurde der Differenzdruck in
Abhängigkeit des Luftdurchsatzes vor und nach der Reinigung ermittelt (siehe Abbildung
3).

Abbildung 2: Plattenreinigung auf der Anlage 3
Bild Reinigung-2.jpg

Abbildung 3: Druckverlust der Belüfterplatte vor und nach der Reinigung von 75 % der Oberfläche
Bild Reinigung-3.jpg

Vom Hersteller wurde für den Neuzustand bei einer Luftbeaufschlagung von 10 mN³/m²/h
ein Druckverlust von 5,5 kPa angegeben.

Wirtschaftliche Betrachtungen
Bei Problemen mit verstopften Belüftern empfiehlt es sich jedenfalls die Kosten für die ge-
planten Maßnahmen abzuschätzen und dem Nutzen gegenüberzustellen.

In der Regel am einfachsten und schnellsten ist der Austausch der Belüftermembranen
durchzuführen. Diese Maßnahme ist jedoch nur dann empfehlenswert, wenn die Belüfter
beschädigt sind, bereits ein gewisses Alter (z.B. 3 Jahre) haben oder nur geringen Stück-
zahlen benötigt werden. Außerdem sollte sichergestellt sein , dass das vorhandene Prob-
lem damit gelöst werden kann und nicht in kurzer Zeit, auch mit den getauschten Belüf-
tern, wieder auftritt.

Der Nutzen der aus der Reduktion des Druckverlustes zu ziehen ist, liegt in geringeren
Energiekosten für die Belüftung, in der geringeren Beanspruchung der Gebläse aber ganz
wesentlich im Gewinn an Betriebssicherheit (kein Ausfall der Gebläse durch Überlast;
keine beschädigten Belüfter).

Die Energiekostenersparnis ist näherungsweise gleich dem prozentuellen Anteil der
Druckerhöhung im Gesamtsystem. Am Beispiel der Anlage 2 wurde durch die Reinigung
eine Reduktion des Systemdrucks von 46,2 auf 42,5 kPa erreicht. Daraus ergibt sich eine
Reduktion von ca. 9 %, dementsprechend geht auch der Energieverbrauch der Belüftung
um ca. 9% zurück.

Literatur 

[1]  W. Frey: Fragebogen Belüftungssysteme – Ergebnisse der Umfrage Frühjahr 2003, In-
formationsreihe Betriebspersonal Abwasseranlagen
, KAN Folge 11, 2003 
[2] EPA: Design Manual ,,Fine Pore Aeration Systems“, Environment Protection
Agency
, EPA/625/1-89/023, 1989 
[3] U. Keller: Langzeitversuche mit verschiedenen Druckbelüftern und mit
Luftmengenregulierung der ARA Altenrhein; Verbandsbericht Nr.: 216, 1982,
Verband Schweizer Abwasserfachleute 
[4] M. Wagner: Neue Tendenzen bei der Belüftungstechnik; WAR Schriftenreihe Band
134; Seite 1-29, 2001 
[5] US Patent (1954): Method and Apparatus for Preventing the Clogging of Diffuser
Media. United States Patent 2,689,714 
[6] Österreichisches Patent: Luftbefeuchtung bei Druckbelüftungssystemen, Nr.:
411.252, 2003 
[7] W. Frey: Betriebserfahrungen mit Belüftungssystemen, Informationsreihe
Betriebspersonal Abwasseranlagen; KAN Folge 10, 2002 
[8] W. Frey, C. Thonhauser: Betriebsprobleme mit Druckbelüftungssystemen; Wiener
Mitteilungen Band 183; 2003 
[9] U. Bretscher, W.H. Hager: Die Reinigung von Abwasserbelüftern, gwf 124, 1983,
Heft 6 

Dipl.-Ing. Dr. Wilhelm Frey
Ingenieurkonsulent für Maschinenbau
Abwassertechnische Ausbildung und Beratung
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