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Membranbelebungsanlagen in der Abwasserreinigung – unter besonderer Berücksichtigung der Stickstoffelimination

Bracklow, U., Barjenbruch, M., Kraume, M.,
18. Magdeburger Abwassertage, 20./21.09. 2007

Membranbelebungsverfahren in der Abwasserreinigung – unter besonderer Berücksichtigung der Stickstoffelimination

Seit einigen Jahren werden Membransysteme bei der Reinigung von kommunalem Abwasser eingesetzt. Die derzeit größte deutsche Abwasserreinigungsanlage mit Membranbelebungsreaktoren (MBR) ist das Gruppenklärwerk Nordkanal, Kaarst mit ca. 80.000 angeschlossenen Einwohnern. Ansonsten werden Membranbelebungsanlagen bevorzugt für mittlere und kleine bis kleinste (Hauskläranlagen) Größenklassen eingesetzt. Während für Hauskläranlagen häufig der geringe Platzbedarf ein Einsatzkriterium darstellt, spielt für kleine bis mittlere Anlagen oft die sehr gute Reinigungsleistung eine große Rolle. Durch den kompletten und sicheren Feststoffrückhalt können bessere Ablaufwerte erzielt werden als in Anlagen mit klassischen Nachklärbecken, was insbesondere für sensible Gewässer interessant ist. Das bedeutet allerdings auch, dass auch kleine bis mittelgroße MBRs neben Kohlenstoffverbindungen auch Stickstoff und Phosphor eliminieren müssen.
In den nachfolgenden Darstellungen werden die grundsätzlichen und zurzeit üblichen Methoden der Nährstoffelimination dargestellt. Außerdem werden Ergebnisse aus drei Versuchsanlagen, die mit nachgeschalteter Denitrifikation ohne zusätzliche Kohlenstoffdosierung betrieben wurden, vorgestellt. Diese Variante der Denitrifikation ergab in einem vorherigen Projekt überraschend hohe Denitrifikationsraten bis zu 2,8 mgN/goTS/h (Adam 2001). Zwei der vorgestellten Anlagen (Pilot- und Demonstrationsanlage) wurden dabei von den Berliner Wasserbetrieben in Zusammenarbeit mit dem KompetenzZentrum Wasser Berlin betrieben und waren an einen Schmutzwasserkanal angeschlossen. Die Laboranlage wurde am Fachgebiet der Verfahrenstechnik der TU Berlin mit synthetischen Abwasser betrieben. Synthetisches Abwasser wurde gewählt um den Zulauf variabel zu gestalten und klar zu definieren.
 

Vor-/Nachteile von Membrananlagen:

Konventionelle Belebungsanlage:
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Membran-Belebungsanlage:
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Vorteile  Nachteile 
• Platzbedarf  • Stoßbelastungen 
• Feststofffreier Ablauf  • Hohe Membrankosten 
• Entkeimung des Ablaufs  • Hohe Energiekosten 
• Entkopplung hydraulische Verweilzeit – Feststoffverweilzeit  • Membranreinigung 
• Unempfindlich bei Blähschlamm   

Reinigungsleistung:

Parameter  Konventionelle Belebungsanlage  Membran-belebungsanlage 
Feststoffe (AFS) [mg/L]  10 – 15 
CSB [mg/L]  40 – 50  < 30 
Nges [mg/L] < 13  < 13
Pges [mg/L] 0,8 – 1,0  0,8 – 1,0

Hyg. Parameter – KA Makranstädt:

  Zulauf  Ablauf  EU-Badegewässerrichtlinie 
Gesamtkeimzahl  3,5*105 KBE/mL  4,5*102 KBE/mL   
Psychrophile Keime  8,1*105 mL-1  29 mL-1   
Enterobacteriaceen  1,2*106 mL-1  n. n.   
Coliforme Keime  5,9*105 mL-1  n. n. 500 /100 mL 
Escherichia coli  1,8*105 mL-1  n. n. 100 /100 mL 
Salmonellen  1,6*105 L-1  n. n. 0 /1L 
Fäkalstreptokokken  1,0*106 mL-1  n. n. 100 /100 mL 

→ Im Allgemeinen Unterschreitung der Anforderungen gemäß EU- Badegewässerrichtlinie

Nährstoffelimination – generell

Nachgeschaltete Denitrifikation 

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Vorgeschaltete Denitrifikation
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Vorg. Deni + P-Fällung
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Vorg. Deni + biol. P-Elimin.
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Stickstoffelimination in MBRs

Vorgeschaltete Denitrifikation
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• VAX : VAE = 50% : 50 % → Schutz vor Sauerstoffverschleppung

Nachgeschaltete Denitrifikation
ENREM-Prozess
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•  95 % N-Elimination mit nachgeschalteter Denitrifikation erreicht 
sehr gute Phosphor-Elimination 
Deni-Raten (≤ 2,8 mg/(g*h) Adam 2004) > endogene Deni-Raten (0,2-0,8 mg/(g*h)) 
→  Stickstoff-Elimination ist unabhängig von Rezirkulation 

Phosphorelimination in MBRs

•  Biologische P-Elimination noch nicht in großtechnischen Anlagen eingesetzt 
  → Einsatz von Fällmitteln 
•  Untersuchungen an einer Laboranlage (Adam 2001): 
  → Pges Ablauf 0,1-0,5 mg/L (Spitzen bis zu 2 mg/L)‏
  → Mit Co-Fällung (FeCl3, alle Stellen, ß =(Fe(mol)/P(mol) = 0,15)
Pges Ablauf 0,01 – 0,03 mg/L

Schlammalter> 30 d

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Betrachtete Anlagen: Laboranlage

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QZu = 4 L/h 
= 50 L 
tauf = 12 h 
tTS = 25 d 
TS = 10 g/L 
Temp = 20 °C 

Vorge. Denitrifikation

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Nachge. Denitrifikation ohne C-dosierung
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Betrachtete Anlagen: Pilotanlage

QZu  = 13 L/h 
V = 140 L 
tauf  = 11 h 
tTS  = 28 d 
TS  = 10 g/L

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•  Nachgeschaltete Denitrifikation ohne C-dosierung, biologische Phosphorelimination 
Container auf Pumpstation am Stadtrand von Berlin 
Anschluss an Trennkanalisation 

Betr. Anlagen: Demonstrationsanlage Margarethenhöhe (Berlin)
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• Patent: Berliner Wasserbetriebe/Veolia Water Bild Bracklow-8-2.jpg
•  Nachge. Deni ohne C-quelle, biol. P-Elimination
•  Verschärfte Anforderungen
(P < 0,1 mg/L, N < 10 mg/L,
CSB < 50 mg/L, Badewasser)‏

CSB Elimination

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• Gesamter Versuchszeitraum: stabile CSB-Elimination > 90 % für alle Anlagen
•  Hohe Zulaufkonz. für Pilot- und Demonstrationsanlage

Pges Elimination
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•  Sehr gute Phosphorelimination in allen Anlagen (96 – 99 %) 
Ca-/Mg-ausfällungen 
Durchschn. Ablaufwerte:
0,3 mg/L (Laboranl.)
0,6 mg/L (Pilotanl.)
0,2 mg/L (Demo-Anl.) 
Einbrüche bei:
– Wurmbefall (Labor-/Pilotanlage)‏
– Anlagenüberlastung (Stickstoff)‏
– pH-Problemen (synthetisches Abwasser Laboranl.)‏ 

Nges Elimination
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•  Gesamtelimination Stickstoff abhängig von Nitrifikation 
Pilotanlage: NH4-freier Ablauf durch belüftete Membrankammer 
Demonstrationsanlage: Stickstoffkonz. im Zulauf deutlich höher als erwartet 

Nitrifikation – Raten

•  Alle Anlagen ca. 1,5 – 4 mgN/(goTS*h)  (bei stabilem Betrieb)‏ 
Probleme bei Überlastung/niedrigen Temperaturen zuerst mit Nitrifikation 
Wurmbefall – zuerst Probleme mit P-Elimination 

Denitrifikation – Raten
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•  Vergleich:
– 1,2 – 3,0 mgN/(goTS*h) vorg. DN Ruhleben (Vocks, 2005)
– 0,2 – 0,8 mgN/(goTS*h) endog. DN (Kuwaja, 1999)‏‏
Laboranlage: 0,7 – 1,6 (0,9) mgN/(goTS*h) (Anlage 18-21°C)‏ 
Pilotanlage: 0,6 – 2,0 (1,5) mgN/(goTS*h) (Anlage 16-26°C)‏ 
Demo-Anlage: 0,5 – 2,1 (1,0) mgN/(goTS*h) (Anlage 10-27°C)‏ 

Denitrifikation – Ergebnisse IMF Projekt
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Denitrifikation – C-Quellen
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•  Bildung spezieller Speicherstoffe in anaerober Zone (Acetat)‏ 
Hydroloyse adsorbierter org. Substanzen (fehlendes Vorklärbecken)‏ 

Zusammenfassung/Fazit

•  Nachweis guter Denitrifikationsraten für nachge. Deni (ohne C-Dosierung) für verschiedene Anlagen 
Stabile biologische Phosphorelimination und Kohlenstoffelimination 
 
   
→  Sehr gute Ablaufwerte „klassischer“ MBRs 
MBRs für sensible Vorfluter oder Wasserwiederverwendung 
„Neue“ Konfigurationen interessan

Adressen
TU Berlin
Fachgebiet Siedlungswasserwirtschaft, TIB 1B-16
Gustav-Meyer-Allee 25
D-13355 Berlin
http://www.siwawi.tu-berlin.de
Ute Bracklow (ute.bracklow@tu-berlin.de)

TU Berlin
Fachgebiet Verfahrenstechnik, MA 5-7
Straße des 17. Juni 135
10623 Berlin
http://www.verfahrenstechnik.tu-berlin.de

Herzlichen Dank an:
Fr. Gnirss (BWB), Hr. Vocks & Hr. Lesjan (KWB) für Daten aus ENREM-Projekt
GKSS Forschungszentrum Geesthacht GmbH für Membranmodul

Weitere Informationen:
Webseite des ENREM-Projekts
http://www.kompetenz-wasser.de/ENREM.157.0.html
Webseite des IMF-Projekts
http://www.kompetenz-wasser.de/IMF.27.0.html
Übergeordnete Seite:
http://www.kompetenz-wasser.de/Forschung.12.0.html?&type=http%3A%2F%2Fbusca.uol.com.br%2Fuol%2Findex.html%3F
 

Literatur

Adam, C., Kraume, M., Gnirss, R., Lesjean, B. (2001) Vermehrte biologische Phosphorelimination in Membranbioreaktoren. in 4. Aachener Tagung Siedlungswasserwirtschaft und Verfahrenstechnik, Aachen, Germany

Adam, C. (2004): Weitgehende Phosphor- und Stickstoffelimination in einer Membranbelebung mit nachgeschalteter Denitrifikationsstufe. Reihe 15 Umwelttechnik, Nr. 250, VDI Verlag: Düsseldorf

Gnirss, R. (2007) Evaluation of Concept and Outlook. Presented at techn. workshp. Performances and economics of membrane-based concepts for decentralised wastewater treatment, Berlin, 6 June.

Kujawa, K, Klapwijk, B. (1999) A method to estimate denitrification potential for predenitrification systems using NUR batch test, Water Res. 33(10) 2291-2300.

Kraume, M.; Bracklow, U. (2003) Das Membranbelebungsverfahren in der kommunalen Abwasserbehandlung – Betriebserfahrungen und Bemessungsansätze in Deutschland. in 5. Aachener Tagung Siedlungswasserwirtschaft und Verfahrenstechnik, Aachen, Germany

Lesjean, B. (2007) Design parameters and construction of the ENREM demonstration plant. Presented at techn. workshp. Performances and economics of membrane-based concepts for decentralised wastewater treatment, Berlin, 6 June.

MUNLV Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.) (2003) Abwasserreinigung mit Membrantechnik, Düsseldorf

Vocks, M., Adam, C., Lesjean, B., Gnirss, R. and Kraume, M. (2005) Enhanced post-denitrification without addition of an external carbon source in membrane bioreactors. Wat. Res., 39(14), 3360-3368.

Vocks, M. (2007) Nachgeschaltete Denitrifikation ohne externe Kohlenstoffdosierung. Presented at techn. workshp. Performances and economics of membrane-based concepts for decentralised wastewater treatment, Berlin, 6 June.