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Geschiebe? - Optimierte Kanalsysteme helfen Kommunen Geld zu sparen
Wissenschaftler des Fachgebiets Wasserversorgung und
Grundwasserschutz der TU Darmstadt haben unter der Leitung von Professor
Wilhelm Urban erstmals wissenschaftlich untersucht, wie man Feststoffe
wie zum Beispiel Steine, Sand und Haushaltsreste aus der Kanalisation
weitgehend entfernt. Sie kamen zu ebenso einfachen wie verblüffenden
Ergebnissen.
Die Feststoffe werden im Abwasser der Kanalisationen mittransportiert
und setzen sich in den Kanälen ab. Um dieses sogenannte Geschiebe
abzufangen, werden in Deutschland in neueren Kanalsystemen immer
häufiger Geschiebeschächte eingebaut. Wie solche Schächte funktionieren
und was geändert werden sollte, damit sie den Erfordernissen der
Kanalsysteme optimal entsprechen, haben nun die Mitarbeiter von
Professor Urban am IWAR-Instituts erstmals wissenschaftlich untersucht.
Sie kamen zu einfach umzusetzenden Ergebnissen, die den Kommunen merkbar
Geld sparen helfen.
Das Geschiebe wird gesaugt
Geschiebeschächte sind eine noch recht junge Idee, die gegenüber den
althergebrachten Geröllfängen einige Vorteile besitzen. Sie fangen zum
Beispiel das Geschiebe besser auf, so dass die Kanalisation effektiver
arbeitet. Zudem lassen sie sich auch wesentlich einfacher leeren.
Während die Fänge aufwändig von Mitarbeitern mit Besen und Schippe
gereinigt werden müssen, können bei den Geschiebeschächten LKWs mit
Saugwagen vorfahren und das Sediment maschinell, und damit deutlich
schneller und preisgünstiger aus der Kanalisation entfernen. Doch nicht
nur bei der Reinigung lässt sich dank der Geschiebeschächte Geld sparen.
Auch Pumpen und andere maschinentechnische Anlagen werden durch das
Sediment weniger in Mitleidenschaft gezogen, die Wartungs- und
Ersatzkosten sinken spürbar.
Das Organische ist ein Problem
Optimierungsbedarf herrscht trotz allem. Denn die organischen Stoffe,
die sich ebenfalls im Abwasser befinden, sollten im Gegensatz zum
Geschiebe möglichst vollständig bis zu den Kläranlagen
weitertransportiert werden. Sie werden aber meist in zu großen Anteilen
in den Schächten festgehalten. „Optimal wäre, wenn weniger als fünf
Prozent Organik in den Geschiebeschächten hängen bliebe", konkretisiert
der IWAR-Projektkoordinator Dr. Subhendu Hazra. Denn alles, was hängen
bleibt, kann nicht in den Kläranlagen behandelt werden. Zudem füllen
sich die Schächte viel schneller, so dass die Belüftungsrohre an den
Schachtwänden verdeckt werden können. Die Rohre sind mit Löchern
versehen, durch die ein Luftstrom erzeugt wird, „der das in den Schacht
einfließende Abwasser in eine Walzenströmung führt", erläutert Hazra.
Das heißt, es wird eine Welle erzeugt, die die Ablagerungen aufwühlen.
Dabei kommt es zu einer Trennung des Geschiebes von der Organik, die mit
dem Wasser abtransportiert wird. Diese sogenannte Walzenströmung darf
nicht zu groß sein, um das Geschiebe nicht mitzureißen, aber auch nicht
zu gering, damit organische Materialien abtransportiert werden. In
zahlreichen Computersimulationen und Feldversuchen haben Hazra und sein
Kollege Dr. Alexander Sonnenburg von der Kessler+Luch GmbH errechnet,
welche Walzenströmungen bei unterschiedlichen Umweltbedingungen hierfür
in den Geschiebeschächten erzeugt werden müssen. Tatsächlich konnten die
Forscher mithilfe optimierter Geschiebeschächte organische und
mineralische Stoffe deutlich effektiver trennen und die
Fünf-Prozent-Hürde nehmen.
Die Lage der Rohre ist entscheidend
Die Belüftungsrohre werden bislang auf der Ablaufseite montiert, an der
das Wasser aus dem ein Meter tiefen Schacht abfließt. Die Darmstädter
konnten nun nachweisen, dass die Spülwirkung in den Schächten verbessert
werden kann, wenn diese Rohre auf der gegenüberliegenden Seite montiert
werden, dort also, wo das Wasser eintritt. „Eine größere Strömungswelle
erzeugt eine höhere Fließgeschwindigkeit des Abwassers", erläutert
Hazra. Damit sie dem nun bekannten optimalen Wert entspricht, lässt sich
per Monitoring die Belüftung gezielt einstellen.
Eine tiefere Lage der Rohre verbessert die Funktion des Kanalsystems
zusätzlich. „Optimal ist eine um 10 cm tiefere Lage als bislang, 40 cm
über dem Schachtboden ist nach unseren Berechnungen die optimale Höhe".
Zu tief dürfen sie nämlich auch nicht sitzen, da sie sonst zu schnell
von Sedimenten bedeckt werden und verstopfen. „Auch gerundete Ecken in
den Schächten begünstigen den Wasserfluss deutlich." Insgesamt sind die
Maßnahmen also für recht wenig Geld umzusetzen und die Möglichkeiten,
Geld zu sparen umso besser. In entsprechenden Regelwerken für Kommunen
werden die Darmstädter Forschungsergebnisse bereits kommuniziert.
Hintergrund
Das Forschungsprojekt wurde von der hessischen Landes-Offensive zur
Entwicklung Wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz (LOEWE), Förderlinie
3, KMU-Verbundvorhaben, gefördert. Konsortialführer ist die VSB
Vogelsberger Umwelttechnik GmbH.
Die Ergebnisse wurden im Arbeitsblatt DWA-A 166 und im Merkblatt DWA-M
176 der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall
e.V. (DWA) aufgenommen. „Eine Arbeitsgruppe der DWA überarbeitet derzeit
diese Regelwerke, welche Hinweise zur konstruktiven Gestaltung und
Ausrüstung von Bauwerken der Zentralen Regenwasserbehandlung und
-rückhaltung geben. Dort werden unter anderem auch Geschiebeschächte
behandelt", erläutert der IWAR-Projektkoordinator Dr. Subhendu Hazra.
„Damit ist sichergestellt, dass unsere Optimierungsvorschläge auch
umgesetzt werden, denn die planenden Ingenieurbüros und die Behörden
orientieren sich an diesen Regelwerken."