von Shredder » 27.11.2015, 16:06
Hallo,
Die Beurteilung der Notwendigkeit von Netzersatzanlagen über die üblichen USV-Anlagen bei Leitsystemen oder einzelnen Absperrarmaturen mit zentraler Bedeutung (Verhinderung des Leerlaufens von höherliegenden Becken bei Stromausfall, Hochwasserschieber etc.) obliegt in der Regel dem Betreiber. Behördliche Auflagen sind eher selten.
Zur Bewertung der Situation wird in der Regel eine Studie oder anderweitige schriftliche Ausarbeitung zum Thema „Netzersatz“ erstellt, in der die wesentlichen Aspekte behandelt werden. Hier werden auch Szenarien erstellt, die eine unterschiedliche Länge des Ausfalls des Strombezuges aus dem Netz als Basis haben. Hierbei wird allerdings meist nur das eigentliche Bauwerk "Kläranlage" betrachtet und nicht das Abwassergesamtsystem mit Kläranlage und RÜB.
Zeitkritisch sind in der Regel
• Pumpwerke zur Förderung des Abwassers (Einlaufhebewerke, Zwischenhebewerke und Hochwasserpumpwerke)
• Betrieb der Rechenanlage ohne ausreichende hydraulische Leistungsfähigkeit eines Notumlaufes
Ein Ausfall des Strombezuges aus dem Netz führt hier zu einem schnellen Rückstau des Abwassers in das vorgelagerte Netz mit – je nach System – der Gefahr von Überflutungsschäden oder einer Entlastung von Abwasser in ein Gewässer. Mit Speicherbecken kann die Gefahr eines kurzfristig entstehenden Schadens jedoch vermindert werden.
Ein längerer Ausfall des Strombezuges wird bei konventionellen Belebungsanlagen oft erst nach Stunden wesentliche negative Auswirkungen auf die Reinigungsleistung der Anlage haben. Wesentliche Ursachen sind hier dann
• Schlammakkumulation und Anstieg der Trübung bei Feststoffabtrieb aus der Nachklärung durch fehlende Rücklaufschlammführung
• Einbußen beim CSB-Abbau und der Nitrifikation durch fehlende Belüftung und Absinken der Biomasse im Belebungsbecken bzw. Verlust in das Nachklärbecken
Die verringerte Reinigungsleistung bei der Stickstoffelimination (DN) und der P-Elimination sind in der Regel nicht akut gewässerrelevant.
Die Notwendigkeit von Netzersatzanlagen ergibt sich somit aus einer Analyse des Gefährdungspotenzials (Überflutung und Gewässerschutz) in Abhängigkeit der Länge des Ausfalles des Strombezuges aus dem Netz. Dem gegenüber ist der Aufwand zur Implementierung einer entsprechenden Netzersatzanlage zu sehen. Wie hoch dann der tatsächliche Strombedarf zur Aufrechterhaltung des Reinigungserfolges für die Biologie im Rahmen der Anforderungen ist, muss lokal unter den dort vorhandenen Bedingungen abgeschätzt werden. Teilrückführung Rücklaufschlamm und Basisbelüftung Nitrifikation sind unabdingbar, dann folgen Schlammräumung NKB und Rührwerke (hier kann jeweils notfalls manuell nur immer wieder nur geräumt bzw. aufgemischt werden, notfalls "geht" dann die Luftzufuhr auch für diesen Zeitraum aus. Bei intermittierenden Anlagen würde ich auf eine schwache Dauerbelüftung setzen - nur Vorsicht dann bei "wilder DN" im NKB.
Ich hoffe, die Ausführungen helfen etwas.